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Theoretische Annäherung an visuelle Kommunikation

Visuelle Kommunikation ist weit mehr als die Erfahrung, Vermittlung oder Anwendung grafischer Techniken. Vor wissenschaftlichem Hintergrund können verschiedene Dimensionen der visuellen Kommunikation dargestellt und Grafikdesign als methodische Disziplin immanenter und kreativer Prozesse vorgestellt werden.
Die Kommunikationstheorie kann als interdisziplinäre Wissenschaft angesehen werden, als integrierendes Konzept verschiedener disziplinärer Ansätze. Neben Semiotik und Linguistik spielen zum Beispiel die Psychologie und Kulturwissenschaften (Soziologie, Anthropologie und Ethnologie) eine Rolle.
Jedes kommunikative Verhalten kann primär gekennzeichnet werden durch die dabei zugrundeliegende Zielvorstellung (pragmatischer Aspekt), durch den Inhalt (semantischer Aspekt) über den Verständigung erreicht werden soll und durch die Form (syntaktischer Aspekt), in der der Verständigungsprozeß abläuft.
Pragmatischer Ansatz
Die Theorie der visuellen Kommunikation systematisiert die in diesem Zusammenhang stehenden Problemstellungen und Theorien und stellt den Bezug zur Praxis her. Aus der Sicht des Gestalters multipler Medien werden vorzugsweise Theorien dargestllt, die für den Entwurfsprozess unmittelbar von Nutzen sind.
Die Auseinandersetzung mit den Theorien der visuellen Kommunikation ist am Handeln orientiert, an den unmittelbaren Auswirkungen in der visuellen Gestaltung bzw. dem Gestaltungsprozess. Idealerweise wird die theoretische Grundlage für eine visuell orientierte Sprache geschaffen, die umfassend
bei der Entwicklung multipler Medien eingesetzt werden kann.
Entwurfsprozess als Wissenschaft
Versucht man die Theorie der visuellen Kommunikation in die klassischen Wissenschaftsbegriffe einzuordnen, stellt man fest, dass die Beschreibung von Design bzw. Entwurfsprozessen nicht durch formale, sondern durch inhaltliche Probleme bestimmt ist. Die Theorie kann also keine Formalwissenschaft sein, wie zum Beispiel die Mathematik. Auch zu Realwissenschaften (z.B. Physik) kann keine Analogie hergestellt werden. Denn im Entwurfsprozess spielen normative Aspekte (Interessen) eine entscheidende Rolle. Der Versuch Kommunikationstheorie bei den normativen Wissenschaften einzuordnen scheitert daran, dass das Aufstellen und Kontrollieren von Normen und Werten noch nicht das visuelle Entwerfen ausmacht. Alle diese formalen, realen und normativen Aspekte spielen im Entwurfsprozess eine Rolle. Der Entwurf geht aber über diese Aspekte hinaus. Eine Theorie der visuellen Kommunikation ist daher interdisziplinär.
Kommunikation ist soziale Interaktion
In dieser Begriffsbestimmung soll die visuelle Kommunikation vor dem Hintergrund des allgemeinen Kommunikationsbegriffes dargestellt und abgegrenzt werden. Kommunikation ist soziale Interaktion die bestimmte Gemeinsamkeiten oder zumindest partielle Übereinstimmung zwischen den Beteiligten voraussetzt: Die Kenntnis eines bestimmten Zeichenrepertoires ist zum Beispiel für die visuelle Kommunikation essentiell. Das Ergebnis erfolgreicher Kommunikation sind neue Gemeinsamkeiten, also geteilte Bewusstseinsinhalte und Orientierungen auf der Basis von Codes. Diese Gemeinsamkeiten wirken reflexiv auf den Kommunikationsprozess zurück, ermöglichen die Koordinierung von Handlungen und schaffen soziale Beziehungen.

Kreativität, visuelle Logik, Intuition und Ästhetik
Die Fähigkeit durch Neukombination von bereits bekannten Elementen aus unterschiedlichen Zusammenhängen etwas Neues hervorzubringen ist eine kreative Leistung, die vom visuellen Gestalter erwartet wird. Die nachfolgend definierten Begriffe bilden eine Grundlage für die Beschreibung von DesignProzessen und Lösungen.
Kreativität
Im Unterschied zum rein analytischen Denken ist Kreativität eine Schöpferische Kraft, die durch das Finden neuer Problemlösungen gekennzeichnet ist.
Visuelle Logik
Als Lehre vom folgerichtigen DesignProzess untersucht die visuelle Logik die optimale Ausgewogenheit zwischen dem visuellen Eindruck einerseits und der zu kommunizierenden Information andererseits. Visuell logisch aufgebaute Medien wirken klar und vertrauenswürdig. Logik ist die Lehre vom folgerichtigen Denken.
Intuition
Intuition ist das unmittelbare Gewahrwerden eines Sachverhaltes in seinem Wesen, ohne dass bewußte Reflexion darauf hingeführt hat. Die Philosophie beschreibt mit Intuition den Zugang zu Erkenntnissen, die dem diskursiven Denken und der sinnlichen Erfahrung nicht erreichbar sind. Eine philosophische Definition nennt Intuition ein befriedigendes Erlebnis eines entscheidenden Erkenntniszuwachses als Einsicht in die Zusammenhänge von Wirklichkeitseindrücken oder der Lösung von wissenschaftlichen, technischen oder künstlerischen Aufgaben, meist begleitet vom Gefühl der Evidenz. (nach dtv)
Ästhetik
Altgriechisch: Wahrnehmung, Empfindung.
Philosophisch umgangssprachlich ist Ästhetik die Wissenschaft vom Schönen, vom sinnlich Wahrnehmbaren, von einer Sinn-Erkenntnis aus der natürlichen Schönheit der Dinge heraus. Also auch die Lehre von der Gesetzmäßigkeit und Harmonie in Natur und Kunst. Die ästhetizistische Lebens- und Kunstanschauung räumt dem Ästhetischen vor anderen Werten absoluten Vorrang ein. Ästhetisches ist wahrnehmbar stilvoll schön, geschmackvoll und ansprechend. Ästhetik als Kommunikationswissenschaft betont die sinnlich auffassbaren Strukturen eines Kunstwerks bzw. des Ergebnisses eines kreativen Aktes, deren ästhetische Zeichenkomplexe entschlüsselt werden können. In der visuellen Gestaltung führt visuell logisches Vorgehen in der Regel zu ästhetischen Ergebnissen. Gefällig erscheinende Medienprodukte werden als ästhetisch beschrieben.

Literaturempfehlung
©Frank Barth: Theorie der visuellen Kommunikation
